Hallo ihr Lieben!
Vor einer Weile gab es hier einen Blogpost zu einem Hund , der aus dem Tierheim adoptiert wurde. Seitdem hatte ich immer wieder den Gedanken, euch Casper vorzustellen, also ist hier ein Posting zu einem Tierheimkater. Leider hört man immer noch vor allem Vorurteile gegenüber Tieren, die im Tierheim gelandet sind - oder man liest davon hier bei KK - und ich hoffe, ein paar dieser Vorurteile beseitigen zu können. Sollte das nicht klappen, möchte ich zumindest zeigen, dass die "Arbeit", die man investiert, durchaus lohnenswert ist.
Aber genug des Geschwafels, hier ist der kleine Kerl:
Das erste Kennenlernen
Da wir ein halbes Jahr zuvor schon eine zweijährige Katzendame adoptiert hatten - allerdings nicht aus dem Tierheim - und beschämt merkten, dass die Gute trotz regelmäßiger Beschäftigung einfach einsam war, entschieden wir uns für einen Gefährten. (Ja, ich gebe es zu, auch wir waren damals nicht ausreichend informiert und hielten Katzen für Einzeltiere.) Wir wollten eigentlich gern eine gleichaltrige Katze, aber zu unserem Pech waren in zwei Tierheimen in unserer Umgebung vor allem ältere Katzen da, oftmals älter als 10 Jahre, oder Kitten, die schon reserviert waren.
Im dritten Tierheim fanden wir dann einen theoretisch passenden Kandidaten: Eineinhalb Jahre alt, schwarz, hatte schon mit anderen Katzen zusammengelebt. Wir wurden darüber informiert, dass er erst seit zwei Wochen aus der Tierheim-Quarantäne entlassen wurde und somit noch nicht lange dort war.
Über die Vorgeschichte konnte man uns nicht viel berichten, nur dass man einen ganzen Haufen Tiere (Hunde, Katzen, Ratten) aus einer Wohnung beschlagnahmt hatte, die offensichtlich einem Tiermessie gehörte, weswegen die Tiere deshalb erstmal medizinisch betreut werden mussten. Außerdem wären sie extrem scheu gegenüber Menschen. Okay, das tat uns leid, aber auch damit konnten wir leben. Schließlich wollten wir einen Gefährten für die Mieze und kein Kuscheltier für uns.
Alle Fragen im Vorfeld waren geklärt, also durften wir in den Katzenraum kuscheln gehen, Streicheleinheiten verteilen, das Schnurren der Miezen dort genießen, für die einfach so wenig Zeit übrig ist. Die meisten Katzen - es waren über 10 Stück in dem Raum - kamen schmusen, wer nicht wollte, verzog sich in den für Besucher unzugänglichen Außenbereich. Irgendwann fragten wir, wer davon denn Casper sei, denn glaubt es oder nicht, aber das Klischee der bösen schwarzen Katze spiegelt sich immer noch in vielen Tierheimen wider; dementsprechend tummelten sich einige schwarze Samtpfoten um uns herum.
Nach einigem Suchen war Casper gefunden: Es war der kleine schwarze Kater, der sich von Anfang an auf dem Schoß meines Freundes deponiert hatte und dort seine Aufmerksamkeit forderte. Von Scheu keine Spur! Die beiden verstanden sich prächtig und am liebsten hätten wir ihn direkt eingepackt. Aber um zu Hause alles vorbereiten zu können (zusätzliches Katzenklo, Näpfe, Spielzeug), vereinbarten wir, ihn eine Woche später abzuholen.
Zur Schutzgebühr: Wir zahlten ca. 140€, da wir uns auch an seinen Impfkosten beteiligen wollten. Ansonsten hätte die Gebühr bei ziemlich genau 100€ gelegen.
Casper ist zu Hause - und macht Theater.
Damit ihr euch ein Bild davon machen könnt, wie verwahrlost er dank der Vorbesitzer tatsächlich war, sind hier ein paar Bilder aus der Anfangszeit:
Das zweite Bild ist leider etwas unscharf, aber ich denke, man erkennt genug: Ein abgemagertes Tier, eingefallene Flanken, entzündete Augen, ein skeptischer Blick. Herzlichen Dank, lieber Vorbesitzer!
Die komplette Zusammenführung zu beschreiben würde grad vermutlich den Rahmen sprengen, aber ich versuche es mal zusammenzufassen. Das erste Beschnuppern hatten Mieze und Kater durch die Glastür, die unsere Wohnung in Küchen- und Wohnbereich teilte. Fee, unsere Dame, durfte im Wohnbereich hausieren, während wir Casper zuerst im Küchenbereich deponierten, denn dort war das Bad und die Katzenklos. Wir ließen ihn also im Bad raus und er verkroch sich direkt in einem der Klos, wo er für ein oder zwei Stunden erst einmal sitzen blieb. Am Anfang blieben wir abwechselnd noch ein bisschen bei ihm sitzen, während der jeweils andere sich mit Fee beschäftigte, danach ließen wir ihn ganz in Ruhe und schlossen die Wohnzimmertür. Sollte er auf Erkundungstour sein, würden wir ihn ja sehen können. Nach ein paar Stunden Ruhe kam Casper tatsächlich auch zur Tür getapst und schaute durch das Glasfenster zu uns rein - und da ging es los. Von Fee kamen Laute, die wir im Leben noch nicht gehört hatten. War sie normalerweise eine sehr liebe und verschmuste Katze, präsentierte sie ihm die Zicke seines Lebens und fauchte, fauchte, fauchte.
Wir ließen die beiden also weiter getrennt, die Glastür war offensichtlich erst einmal genug Stress. Während wir Fee immer wieder zu beschäftigen versuchten, rieben wir Casper mit ihrer Decke oder T-Shirts von uns ein, was er sich überraschenderweise gefallen ließ. Von Fees Theater war er völlig unbeeindruckt.
In der Nacht hörten wir den armen Kerl ständig jammern, er wollte zu uns; schließlich war er allein in einer fremden Umgebung und das einzig kuschelige waren ein paar Kissen und Decken, die wir ihm hingelegt hatten. Also gingen mein Freund und ich abwechselnd zu ihm und leisteten ihm einfach nur Gesellschaft, denn das zutrauliche Kuscheln war mit dem Einzug vorbei und er war tatsächlich sehr scheu. In dieser Nacht stellten wir übrigens fest, dass Fee Türen öffnen kann (kluges Tier!), denn irgendwann war die Wohnzimmertür offen und die beiden fingen an, sich zu zoffen. Von da an blieb die Tür offen. Die ersten paar Tage waren am härtesten. Beide wollten zu uns, aber nicht zueinander. Eifersucht hing in der Luft und andauernd flogen Fellbüschel. (Glücklicherweise gab es nie Blut, immer nur kurze Zusammenstöße.) Wir fütterten sie gemeinsam, nur mit ca. einem Meter Abstand zwischen den Näpfen. Nach ca. einer Woche wurde es ruhiger. Sie gingen sich aus dem Weg, aber fielen nicht mehr übereinander her.
Leider besserte sich aber die Eifersucht nicht, obwohl die beiden mit der Zeit einen relativ entspannten Umgang pflegten. Wollte Fee mit uns kuscheln, kam Casper angesprungen und scheuchte sie fort. Umgekehrt machte auch sie direkt ihren Platz streitig, wenn er sich zu uns auf die Couch legte. Das ging ehrlich ein halbes Jahr so. In der Zeit hatten wir mehrmals Kontakt zum Tierheim aufgenommen und suchten um Rat. Alle Tipps, z.B. getrennte Spiele- und Beschäftigungszeiten, Feliway oder einfach pure Ignoranz, funktionierten nicht. Wir waren fast soweit, dass wir Casper schweren Herzens zurückbringen wollten, weil die beiden ihre Dosenöffner absolut nicht teilen mochten und sich jedes Mal um uns fetzten. Ich heulte verzweifelt die Nächte durch, weil ich ihn auch nicht mehr hergeben wollte, aber Fee war nun einmal zuerst dagewesen. Und wir spürten, dass beide unglücklich waren.
Die Lösung: Ein Umzug!
Bedingt durch mein Studium waren mein Freund und ich auf Wohnungssuche. Irgendwann war diese gefunden, der Umzug stand an, war überstanden und wir ließen zu guter Letzt die Katzen aus den Transportkörben in eine mit Kartons vollgestellte Wohnung. Und das Wunder geschah: Die beiden verkrochen sich gemeinsam bis zum Abend in eine Ecke, erkundeten gemeinsam das neue Revier und waren plötzlich ein Herz und eine Seele.
Mir ist bewusst, dass das keine Universallösung für missglückte Katzenzusammenführungen ist, aber bei uns brachte das tatsächlich den Frieden. Dabei hatten wir uns innerlich schon von ihm verabschiedet und wollten ihn ja zurückbringen.
In der neuen Wohnung erwischten wir die beiden immer öfter dabei, wie sie nebeneinander schliefen. Und ganz selten sahen wir sie auch mal kuscheln oder einander putzen. (Auch davon würde ich euch gern Bilder zeigen, aber dank meiner bescheidenen Fotografie- und Bildbearbeitungskünste sieht man auf solchen Fotos immer nur ein großes schwarzes Fellknäuel. *hüstel*)
Inzwischen schlafen die beiden am liebsten nebeneinander, raufen sich und putzen einander, als hätten sie schon immer zusammen gelebt. Hier gab es also ein Happy Ending - oder ein Happy Beginning für eine entspannte Zukunft.
Links liegt übrigens Casper, rechts Fee. Wie man sieht, ist er genau genommen gar nicht schwarz, sondern dunkelbraun-schwarz getigert, der Schlingel!)
Sonstige Problemchen
Caspers miserable Haltung vor uns hat (außer der Eifersucht, die aber auch bei anderen Katzen auftauchen könnte) einige Schwierigkeiten mit sich gebracht, die ich euch nicht verschweigen möchte.
Da wären die entzündeten Augen. Die Entzündung kehrt leider immer wieder und muss jedes Mal behandelt werden. Das ist für ihn nicht schön, für uns nicht schön, aber dadurch geht es ihm schließlich besser.
Außerdem ist er tatsächlich sehr scheu gegenüber fremden Menschen. Bekommen wir Besuch, kommt er frühestens nach ein bis zwei Stunden mal zum Gucken. Aber Streicheln ist auch dann nicht erlaubt! Das dürfen ganz eventuell nur Übernachtungsgäste, an die er sich heimlich anschleicht und sie dann anschnurrt. Dann sind sie in seiner Familie willkommen!
Er hat auch noch weitere kleine Macken, z.B. hatte er früher Angst vor jedem Husten und jedem Niesen und verschwand dann hinter der Couch. Man durfte sich auch nicht zu ihm runterbeugen und ihn erst recht nicht hochheben. Auch bei plötzlichen Bewegungen war er sofort verschwunden und kam bis zur nächsten Fütterung nicht mehr raus. Wir haben die Vermutung, dass er vom Vorbesitzer getreten oder geschlagen wurde und deswegen so empfindlich auf Berührungen und plötzliche Bewegungen reagiert(e).
Wir dürfen mit ihm aber bis zum Gehtnichtmehr kuscheln und er lässt sich sogar als Kopfkissen benutzen, auch wenn ich mich natürlich nicht mit vollem Gewicht auf ihn lehne. Aber er findet es super!
Und man merkt ihm an, dass er unglaublich dankbar ist und unendlich viel Liebe zurückgeben mag.
Hier seht ihr Casper mit seinem inzwischen recht zerfetzten Lieblingsfisch. Der Arme hat nämlich nur noch eine Schwanzflosse und ein Loch im Kopf! Auf dem Foto ging es ihm allerdings noch gut.
Und ein entspannt schlafendes Katertier. Da lag er (wie jetzt gerade auch) auf meinen Beinen. ♥
Huch, nun wurde der Post doch länger als gedacht! Hoffentlich fandet ihr ihn trotzdem spannend!