Zwar ist es schon ein Weilchen her, doch nun wo mein Studium allmählich endet erinnere ich mich gern zurück an die kuriosen und abenteuerlichen, langweiligen und spannenden, ernüchternden und faszinierenden, schlauchenden und herausfordernden Momente. Wie zwei Seiten einer Medaille hielt auch das Studium der Antiken Kulturen ebenso Gutes, wie weniger Gutes für mich bereit. Meiner sentimentalen Ader folgend möchte ich euch heute von meinem wunderlichen 4-wöchigen Survey auf Sizilien berichten in dem Schweiß, Muskelkater und fiese verknackste Knöchel die blanke Indiana-Jane artige Faszination begleiteten. Doch dazu später mehr. Zunächst wollt ihr vielleicht wissen:
Liebes Moos, was ist eigentlich ein Survey?
Nunja, bricht man das Ganze auf den Kern herunter, so laufen bei einem Survey mehr oder minder verwirrte Studenten innerhalb bestimmter Areale über einen Acker und sammeln alles auf was irgendwie antik sein könnte. Das klingt ersteinmal sehr kurios und ist es auch irgendwie. Man stelle sich 10 Studenten vor die in der brennenden Sommerhitze Siziliens mit langen Hosen und dicken Schuhen über die Felder schreiten mit starren Blick auf dem Boden, während der Bauer sich gemütlich an seinen Wagen gelehnt eine Melone gönnt, Siesta hält und interessiert, wenn auch etwas ungläubig das Schauspiel beobachtet. Doch versteht mich nicht falsch, das Ganze war sehr spannend.
Doch, wie wird entschieden welche Flächen begangen werden?
Im ersten Schritt wird das Untersuchungsgebiet festgelegt. Dies geschieht schon lange vor dem eigentlichen Survey im Rahmen der Forschungen eines Wissenschaftlers. Hier waren es nun eben die Gebiete rund um Agrigent, welche im Rahmen des Hinterland Surveys unter Leitung des Göttinger Institutsdirektors Prof. Dr. Johannes Bergemann in der Zeit vom 29.August bis zum 26. September 2010 ausgewählt wurden. Ziel des Keramiksurveys war die Erschließung des Geländes innerhalb archäologischer Kontexte. So sollten Siedlungskontinuitäten und –zentren entdeckt und in die Chronologie sizilianischer Geschichte bzw. Antike eingefügt werden.
Der zweite Schritt, welcher dann vor Ort geschieht, sind Prospektionen. Das wiederrum sind weitläufige Flächenbegehungen eines kleinen Teams (2-3 Personen), welches über größere Entfernungen nach Stellen sucht wo sich besonders viele archäologische Funde konzentrieren. Diese wiederum bildeten die Grundlage für die Auswahl der Flächen die später, zwar ebenfalls oberflächlich, jedoch gründlicher untersucht wurden. Ihr seht es ist ein kleiner Rattenschwanz der daran hängt. Doch genug der Fachsimpeleien und kommen zu meinen Erfahrungen.
Nach einem sehr rumpeligen Landeanflug kamen wir am Flughafen Palermo im heißen Sizilien an und entledigten uns ersteinmal der 4 Kleidungsschichten, die man in Deutschland noch gebraucht hatte. Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir in aus Bremen bei Nieselregen losgeflogen waren. 3 Stunden später fuhren wir das erste mal die holprige Straße zu unserer Unterkunft entlang, welche ca. 40 km von Agrigent entfernt irgendwo im nirgendwo lag. Dort sollten wir die kommenden 4 Wochen verbringen, lachen, leiden und entdecken. Dabei sind zahlreiche wunderbare Bilder entstanden, von denen ich euch die schönsten mitgebracht und in Grüppchen zusammengestellt habe. Ich wünsche euch viel Spaß beim entdecken.
1. Meine erste Stiege mit mit verschiedensten Funden: Von antiken Henkeln, über glasierte Keramik bishin zu Steinen ist alles dabei. 2. Ja mit diesen lieben Krabbeltieren musste man sich auseinandersetzen wenn man durch das Gestrüpp lief. 3. Mein Schatten auf dem trockenen Boden Siziliens. 4. Nachdem die Funde aufgesammelt wurden, mussten sie ersteinmal gereinigt werden. Zum trocknen wurden sie dann auf großen Netzen ausgelegt. Warum dabei nicht etwas kreativ werden? 5. Unterwegs bei der Prospektion. 6. Meine lieben Meindl nach einem unerwarteten Regenguss. 7. Beim Scherbenwaschen - Regen von oben - Waschwasser von unten. 8. An diesem Tag hatte ich eine Fläche die besonders verkohlt war. (Zur Erklärung: Auf Sizilien werden brach liegende Felder abgebrannt.) Und genau an dem Tag bin ich umgeknickt und der Länge nach hingefallen. Entsprechend rußig sah ich hinterher aus. 9. Keramikboden mit Ritzverzierung. 10. Die mega-ekel Variante der ersten Spinne. 11. Noch ein paar kreative Eindrücke vom Scherbenwaschen. 12. Ikke in Arbeitskleidung im windigen Sizilien.
1. Wenn es eines auf Sizilien gibt dann ist das Fisch. Bedauerlicherweise esse ich keinen. Aber dafür gab es zahlreiche andere Leckereien. 2. Zwischendurch mal ein kühles Bier tut gut. 3. Oreo und Milch fühlen sich an wie zuhause. 4. Den heftigsten Zuckerschock meines Lebens nach solchen süßen Cannelloni. 5. Eine Sucht die ich von Sizilien mitgebracht habe waren in jedem Fall Kaktusfeigen. Aber Obacht vor den Stacheln! 6. Noch mehr Süßes. 7. Mein absoluter Horror sind seid Sizilien Auberginen. Nein ich mag sie nicht mehr.
1&2 Blümchen auf Sizilien. 3. Einblicke in ein antikes Theater. 4. Spielende Hunde am Strand. 5. Passt kulturell nicht ganz aber bei dieser Sphinx drücken wir mal ein Auge zu. 6. Ameisengewimmel auf einem Stein. 7. Steinschlag = Kopf weg = Aha! 8. Riesiges Kapitell. 9. Insekt, dass mich morgens begrüßt. Ich brauche wirklich ein Makroobjektiv. 10. Keramik die mich freundlich anlächelt. 11. Mein Lieblingsplätzchen am Strand.
Bilanz
Während des Agrigent-Hinterland Surveys konnte ich wahnsinnig viele neue Eindrücke und Erfahrungen sammeln. Aus archäologischer Perspektive lernte ich verschiedenste Arbeistschritte in der Feldforschung kennen. Dazu gehörte das Kennenlernen antiker Keramik, ihre Bestimmung und auch die Handhabung der antiken Waren (beispielsweise beim Säubern).
Neben der Arbeit eröffneten die Exkursionen zwischendurch Einblicke in das sizilianische Land, ihre Menschen, Geschichte und Archäologie. Die Museen, die in unserem Einflussgebiet lagen, wie z.B. in Agrigent vermittelten einen großartigen Überblick über die Keramik, der auch wir zum Teil bei unserer Arbeit begegneten. Ein Besuch im Museum für mittelalterliche und neuzeitliche Glasurkeramik deckte neue Interpretationsmöglichkeiten auf und mahnte uns vor übereilten Datierungen. Wir besuchten Höhlengräber, Villen und Tempel, die jeweils auf ihre ganz eigene Art beeindruckend waren und innerhalb ihres historischen und archäologischen Kontextes ganz eigene Aussagekräfte besitzen.
Etwas gefehlt hat mir grünes saftiges Gras. Sizilien ist im Sommer leider ziemlich kahl. Solltet ihr also das Interesse verspüren die Insel kennen zu lernen empfehle ich euch das Frühjahr. Da blüht und gedeit alles in voller Pracht.
Ich hoffe meine Eindrücke haben euch gefallen und würde mich freuen wenn ihr mal auf meinem Blog vorbeischaut. Im Rahmen des Projektes Nostalgie werde ich in den nächsten Monaten die Highlights meines Studiums ausgraben und mich mit euch erinnern. [http://moosteppich.blogspot.de/]