Als ich mich so durch die „Ich will was studieren, nur ich weiß nicht was“-Threads durchwühlte, stellte ich fest, dass so einige hier später einen Beruf anstreben, der sich hauptsächlich mit Sprachen beschäftigt. Da ich jetzt mein Bachelorstudium so gut wie hinter mir habe, möchte ich euch ein wenig was über den Studiengang erzählen und wer weiß, vielleicht sogar zum Studium bewegen :)
Ich beziehe mich in dem Post nur auf das Angebot hier in Germersheim.
Um was geht es hier überhaupt?
Der Studiengang heißt recht „komisch“, nämlich „Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaften“ und führt uns innerhalb 6 Semestern und 15 Module zum Bachelorabschluss als "Dolmetscher/Übersetzer".
Auf den Ersten Blick lässt es sich vielleicht überhaupt nicht erschließen, dass es sich hier um ein Übersetzer/Dolmetschstudium handelt. Zugegeben, in den ersten Semester der Bachelorstudiums beschäftigt man sich fast nur mit Grammatikübungen und es kommt seeeeehr viel Theorie auf uns zu. Das ist anfangs sehr zäh und teilweise irre langweilig (wobei es auch einige sehr interessante Vorträge gibt). Aber schon ab dem 2./3. Semester darf der Student sich schon an die ersten Übersetzungen herantrauen. Und da wird’s endlich spannend :)
Das Sprachangebot ist bei uns ziemlich groß.
Es müssen immer jeweils 3 Sprachen ausgewählt werden. Die Grundsprache ist die eigene Muttersprache, also dieSprache, die man am besten beherrscht. Die Zweite Sprache (F1) sollte diejenige sein, die man am zweitbesten beherrscht und die Dritte (F2) am "schlechtesten".
Optional kann auch noch eine zusätzliche Sprache dazugewählt werden (F3) die beispielsweise ohne Vorkenntnisse von Grundauf gelernt wird. Dazu zählen Niederländisch, Portugiesisch, Polnisch, Italienisch, Neugriechisch und Russisch. Für diese Sprachen werden spezielle Aufbaukurse von der Uni angeboten und innerhalb 1-2 Semester die wichtigsten Grundlagen beigebracht, so dass man nach dieser Zeit ungefähr das Niveau von B1/B2 erreicht. Es ist keine Pflicht, aber auf jeden Fall ein tolles Angebot.
Da das Bachelorstudium sich vorwiegend mit Übersetzungen beschäftigt und im Pflichtprogramm keine Dolmetschübungen vorgesehen sind, muss man dafür eins der drei zur Verfügung stehenden Wahplflichtmodule "opfern". Es lohnt sich auf jeden Fall, denn nur so sitzt man das erste Mal in einer echten Dolmetschkabine und übt, wie konsekutives oder simultantes Dolmetschen geht (konsekutiv = erst 5-10 Minuten zuhören, notieren, dann in der Fremdsprache/auf Deutsch wiedergeben; simultant = während der Sprecher spricht, wird zeitversetzt gedolmetscht) oder man sitzt zwischen zwei Gesprächspartnern und dolmetscht den Besuch beim Arzt, eine Gerichtsverhandlung oder ein Interview (natürlich sind die Situationen "nur" von den Dozenten gespielt ;) Oft handelt es sich aber um Texte, die die Dozenten aus der Berufspraxis entnehmen).
Die Übersetzungen sind aber keinesfalls "langweiliger" als das Dolmetschen selbst. Im Pflichtprogramm darf jeder sich an sog. "gemeinsprachlichen Übersetzungen" erstmal an das Übersetzen herantasten. In diesen Übungen werden grundsätzlich sehr allgemeine Texte, wie Zeitungsberichte, Interviews, Flayer usw. übersetzt. In weiteren Semestern (etwa ab dem 4./5.) darf man sich auch an etwas "schwierigerem" Versuchen, nämlich Fachübersetzungen. Hier werden Texte aus unterschiedlichen Fachbereichen übersetzt. Das Fachbereich darf man sich hier selbst aussuchen, zur Auswahl stehen zur Zeit Technik, Recht, Informatik, Wirtschaft, Medizin, Literatur- und Medienübersetzungen.
Innerhalb des Studiums kann selbstverständlich ein Erasmusaufenthalt/Auslandsaufenthalt absolviert werden. Hier stehen je nach Sprache die unterschiedlichsten Länder zur Verfügung. Beispielsweise: Argentinien, Gran Canaria, Australien, Südafrika, Chile uvm. Mittlerweile kann man sowohl im Bachelor, wie auch im Master ins Ausland gehen, also kann ich das auf jeden Fall jedem ans Herz legen.
Und was passiert mit mir nach dem Bachelor?
Nachdem man das Bachelorstudium erfolgreich beendet hat, stehen einige wege zur Auswahl. Entweder man stellt fest, dass das Übersetzen/Dolmetschen doch nicht das Wahre sind und man macht was ganz anderes oder aber man findet es soooo toollll, dass man sich zum weiterführenden Masterstudium entscheidet. Hier gibt es zwei Wege: MA Konferenzdolmetschen oder MA Translation (oder was ähnliches an einer anderen Uni ;) )
MA Konferenzdolmetschen
Hier wird der Wert vor allem auf das Dolmetschen gelegt und nicht mehr auf das Übersetzen. In 4 Semestern (also 2 Jahren) lernt man vor allem das Simultant- und Konsekutivdolmetschen, aber auch die Techniken wie das Flüsterdolmetschen oder Shadowing werden beigebracht. Das Studium ist recht hart (meiner Meinung nacht), es ist vor allem für die, die gut mit dem Stress umgehen können, ein sehr gutes und umfangreiches Allgemeinwissen haben und vor allem hervorragende Sprachkenntisse.
MA Translation
Der Studiengang beschäftigt sich wiederum mehr mit Übersetzungen. Die Fachübersetzungen sind anspruchsvoller, als im BA-Studium, jedoch auch realitätsnäher und dadurch auch interessanter. Hier besteht aber die Möglichkeit, innerhalb der Wahlpflichtmodule sich auch fürs Dolmetschen zu entscheiden. Man wird daurch zwar nicht zu einem "richtigen" Dolmetscher, aber es ist auf jeden Fall eine gute Erfahrung :)
Ich kann 7 Sprachen, bin ich dadurch "geeignet" für das Studium?!
Es zählt nicht, wie viele Sprachen man kann und wie viele das sind. Viele erleben bei uns einen Schock, da die Sprachkenntisse allein NICHT ausreichen, um gut Dolmetschen/Übersetzen zu können. Wichtig ist auch die Fähigkeit selbst es zu tun, die besitzen (leider) nicht alle. Deswegen stellen viele im Laufe des Studiums fest, dass sie trotz 5 fließenden Sprachkennissen das Studium nicht packen.
Wie sehen die Jobchancen aus?
Die wohl wichtigste Frage, die leider keiner so recht beantworten kann. Vieles hängt von der Sprachkombination ab, der Spezialisierung/Masterabschluss und/ob Praktika absolviert wurden (die sind bei uns freiwillig, ich würde jedoch trotzdem JEDEM empfehlen in den Ferien die Zeit dafür zu opfern!!!) und/ob man im Ausland war.
Es besteht auf jeden Fall die Möglichkeit sich selbständig zu machen oder bei einem Übersetzungsbüro zu arbeiten (oder einem Unternehmen, wo Übersetzer/Dolmetscher gebraucht werden), im Tourismus, als Sprachenlehrer an privaten Schulen, Terminologe, Lektor... Optionen gibt es jedenfalls viele.
So, das wars erstmal von mir. Für Fragen/Anregungen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung - sowohl hier in den Kommentaren wie auch per PM. Ich hoffe, dass es euch gefallen hat und wer weiß, vielleicht sieht man sich blad auf dem Campus :)